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Alte Völklinger Eisenhütte


ARCHIV: Dieses Angebot aus der Frühzeit des Webs wurde in Forschungprojekten an der Universität des Saarlandes in den Jahren 1995 bis 2000 erstellt und wird nicht mehr aktiv betreut. Die Angaben auf dieser Website sind daher grösstenteils veraltet.

Zu den Zielen des WWW-Informationssystems 'Weltkulturerbe alte Völklinger Eisenhütte'

Harald H. Zimmermann

Stand: 6. 1. 1998

Die Fachrichtung Informationswissenschaft an der Universität des Saarlandes hat einen Kooperationsvertrag mit der Stadt Völklingen. Dieser bringt zum Ausdruck, dass wir bei den informationswissenschaftlichen Themen, die eine (praktische) Anwendungskomponente aufweisen, nach Möglichkeit Probleme der Stadt mit einbeziehen. Nun ist das Weltkulturerbe sicherlich nicht alleine ein Thema für Völklingen, sondern geht das Land, die Bundesrepublik Deutschland, ja letztlich 'die ganze Welt' an.

Bei der Frage, wie wir unsere Studierenden möglichst problemorientiert an die neuen Medien heranführen und dabei besonders mit Lösungsmöglichkeiten in elektronischen Informationssystemen vertraut machen können, sind wir auf die Idee gekommen, ein permanentes 'Labor' einzurichten. Als praktische Grundlage für dieses Laborsystem haben wir das Informationssystem 'Weltkulturerbe alte Völklinger Hütte' ausgewählt. Jede(r) interessierte Studierende des Fachs Informationswissenschaft erhält die Möglichkeit, an der Gestaltung bzw. auch Evaluierung dieses Systems mitzuwirken, sei es in Seminaren, im Rahmen geförderter (bzw. gesponserter) Teilprojekte, mit Abschlussarbeiten oder sonstigen Ideen.

Auch wenn darin ein experimenteller Charakter zum Ausdruck kommt, soll das nach außen verfügbare System nicht eine ewige 'Baustelle' sein, sondern durchaus Konturen und Strukturen aufweisen, die jederzeit eine 'praktische' Nutzung erlauben. Wir sind aber bei allem Bestreben, für diese Aufgaben auch Sponsoren zu gewinnen, immer darauf bedacht, dass eine gewisse Unabhängigkeit von Institutionen und Einrichtungen, die sich professionell mit dem Weltkulturerbe befassen, erhalten bleibt.

Das System ist und war von vorneherein als 'offenes System' gedacht und als solches auch realisiert. Dies bedeutet insbesondere, dass wir uns nicht auf eigene Beiträge beschränken, sondern jedermann, der etwas nicht allzu Triviales zu diesem Thema 'im Internet' beitragen kann und möchte, als 'Autor' willkommen ist und diesen Beitrag auch in weitgehend eigener Verantwortung mit einbringen kann. Dies ist bislang in Einzelfällen gelungen, doch sehen wir hier noch ein erhebliches Potential an Möglichkeiten.

Heute geschieht noch viel in Eigenregie und in interner Nutzung. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass nicht jeder schon über den technischen Zugang zum Internet verfügt. Dies wird sich aber schneller ändern als wir mit dem Ausbau nachkommen. Wenn dies einmal der Fall sein sollte und auch die heute noch bestehenden Engpässe (Datenübertragungsgeschwindigkeit, Kosten ...) weiter reduziert sein werden, werden wir mit diesem System vielleicht die ersten sein, die die neuen Möglichkeiten der ganzheitlichen Archivierung und Präsentation dieses wirklich bedeutenden Weltkultur-Denkmals zur Bewahrung seines 'Erbes' für nachfolgende Generationen genutzt haben.

Wir haben dabei v.a. den Anspruch, den 'Zeitgeist' dieses Denkmals möglichst in seinen verschiedenen Facetten zu erfassen und zu beschreiben: Einmal den Ingenieur- und Erfindergeist, der die Technik der Eisenherstellung in den Jahrzehnten um die Jahrhundertwende 1900 geprägt hat, daneben die ökonomische Grundhaltung, die etwa gerade dieses Werk im innerbetrieblichen Recycling entwickelt hat. Wir können und wollen aber auch nicht verschweigen, dass die Eisen- und Stahlproduktion in den Zeiten der beiden schrecklichen Weltkriege und in den Vorbereitungszeiten 'geboomt' hat, sehen aber auch, wie vielen Menschen dieses Werk in Friedenszeiten die Möglichkeit des Broterwerbs gegeben hat, und wollen auch auszugsweise beschreiben, welche Menschen das waren und wie sie in und um 'ihre' Hütte gelebt haben.

Nicht zuletzt wollen wir nicht nur präsentieren, was einmal war, sondern auch ein Forum für die sein, die sich mit der sicherlich schwierigen Thematik des Denkmals, seines Schutzes und seiner heutigen Rolle befassen. Es gibt heute noch viele Menschen, die durch den Niedergang der Eisen- und Stahlindustrie persönlich betroffen sind und die der Anblick 'ihrer' Hütte so schmerzt, dass sie sie lieber 'abgerissen' sähen und die Millionenbeträge, die jährlich zur Erhaltung des Weltkulturerbes verwendet werden müssen, lieber zu sozialen Zwecken verwenden würden.

Andererseits bedeutet die Auszeichnung der UNESCO eine besondere Verpflichtung, die sich nicht darin erschöpft, das Weltkulturerbe 'Alte Völklinger Eisenhütte' als Kulisse für touristische Attraktionen zur Verfügung zu stellen. Wir haben bei unserem Bemühen, verschiedene Aspekte der Industriekultur der Region am Beispiel der Eisenhütte vorzustellen, einerseits erfahren, wie interessant die Beschäftigung mit diesem Thema ist, andererseits stehen wir erst am Anfang. Das bisherige Angebot im Internet stellt also erst einen kleinen Ausschnitt dessen dar, was wir uns vorgenommen haben. Kritik ist dabei ebenso willkommen wie ein Sponsoring und v.a. auch die konkrete Mitarbeit und inhaltliche Unterstützung durch eigene Beiträge.

Noch ein Letztes: Das (virtuelle) WWW-Angebot kann eine (reale) Besichtigung des Weltkulturerbes unter sachkundiger Führung bei weitem nicht ersetzen (und soll dies auch nicht). Und wem die 'tote' Eisenhütte den Eindruck vermittelt sollte, dass die Montanindustrie an der Saar ein Auslaufmodell darstellt, der lasse sich einmal durch das prosperierende Blasstahlwerk gleich 'nebenan' und / oder die Dillinger Hütte führen: unter neuen Vorzeichen (trotz schwieriger Rahmenbedingungen) 'lebt' die Schwerindustrie an der Saar weiter, auch wenn sie heute - in einer Zeit fortschreitender Technisierung - nicht mehr die große Rolle als Arbeitgebers hat ...

Saarbrücken, im Januar 1998

Prof. Dr. Harald H. Zimmermann