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Alte Völklinger Eisenhütte


ARCHIV: Dieses Angebot aus der Frühzeit des Webs wurde in Forschungprojekten an der Universität des Saarlandes in den Jahren 1995 bis 2000 erstellt und wird nicht mehr aktiv betreut. Die Angaben auf dieser Website sind daher grösstenteils veraltet.

Römischer Kupferbergbau in Deutschland:

Neue Ausgrabungen am Emilianusstollen in St. Barbara

Originaltext unter: http://www.ufg.uni-freiburg.de/d/publ/emil.html am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Freiburg.

Dieser Artikel ist unter dem Titel "Neue Ausgrabungen am Emlianusstollen in St. Barbara" veröffentlicht in: Unsere Heimat (Mitteilungsblatt des Landkreises Saarlouis für Kultur und Landschaft) Jg. 19, Heft 4, 1994.
Für Zitate bitte diese Quelle angeben.

Forschungsgeschichte und Bedeutung

Der Emilianusstollen im saarländischen Dorf St. Barbara (Gde. Wallerfangen) ist das am längsten bekannte Zeugnis römischer Bergbautätigkeit in Deutschland. Der als Besucherbergwerk erschlossene Kupfererzbergbau aus dem 2./3. Jh. n. Chr. liegt am steilen Südhang (300 mNN) unterhalb von St. Barbara und ist über einen etwa 150m langen Fußweg von der Hauptstraße aus zu erreichen. Die Umgebung des Stollenmundloches befindet sich im Besitz des Kreises Saarlouis, der das Bergwerk als bedeutendes technisches Denkmal dem Publikum zugänglich machte. Der Hang ist durch mehrere Geländekanten,-aufhöhungen und Terrassen gegliedert. Ebenfalls deutlich zu erkennen ist eine durch einen Erosionseinschnitt zweigeteilte Bergehalde unterhalb des Stollens.

Um dieses einzigartige Industriedenkmal möglichst vollständig dokumentarisch zu erfassen, wurde hier in den Sommermonaten 1993 im Auftrag des Institutes für Montanarchäologie des Deutschen Bergbaumuseums Bochum (Prof. Dr. G. Weisgerber) erneut mit bergbauarchäologischen Untersuchungen begonnen, nachdem sowohl das Staatliche Konservatoramt, Abt. Bodendenkmalpflege, als auch der Kreis Saarlouis dem Unternehmen zugestimmt hatten. Insbesondere die bisher weitgehend unerforschte zweite Sohle des Bergwerkes sollte erstmals genauer untersucht werden.
In Deutschland ist römischer Bergbau an mehreren Orten nachgewiesen, so z.B. in der Eifel, in Rheinland-Pfalz, im Schwarzwald und in der Region um Wiesloch, um nur einige zu nennen. Häufig wurden die entsprechenden Lagerstätten im Mittelalter und in der Neuzeit zum wiederholten Male ausgebeutet, wobei ältere Gruben meist ganz oder teilweise der Zerstörung anheim fielen. Römische Bergbauphasen können daher oft nur noch aufgrund von Gezähespuren, Haldenfunden (Keramik, Gezähe etc.) oder mineralischen bzw. metallurgischen Funden (Erzstücke, Schlacken) in Siedlungen erschlossen werden.

DieEmilianus-Inschrift

Der Wallerfanger Emilianusstollen ist in dieser Hinsicht ein besonderer Glücksfall: er ist weitgehend von der Zerstörung verschont geblieben, und die römischen Werkzeugspuren sind nicht durch jüngere Bergbauaktivitäten überprägt worden. Was dem Emilianusstollen darüber hinaus besondere Bedeutung verleiht, ist die Tatsache, daß er nicht nur durch römische Funde in der Verfüllung direkt datierbar ist, sondern zudem durch eine Inschrift neben dem Grubeneingang seinem damaligen Betreiber zugeordnet werden kann. Diese in den Fels geschlagene Inschrift ("INCEPTA OFFICINA EMILIANI NONIS MART") hat den Charakter einer bergrechtlichen Urkunde, in der ein gewisser Emilianus Anspruch auf das Bergwerk erhebt.

Römisches Bergrecht ist auf den sog. Erztafeln von Vipasca fragmentarisch überliefert.Diese aus der Zeit Hadrians (117-138 n.Chr.) stammenden Tafeln sollten den Bergbau in den Kolonien einheitlich regeln. Darin ist z.B. festgelegt, daß das Recht zum Bergwerksbetrieb durch die sog. Occupatio, das Aufstellen einer Tafel mit dem Namen des Betriebseigners und dem Datum des Betriebsbeginns, erworben wurde. Der Betrieb mußte innerhalb von 25 Tagen aufgenommen werden und durfte nicht länger als ein halbes Jahr stillliegen, andernfalls verfiel das Betriebsrecht.

In der Emilianus-Inschrift werden Eigner und Datum genannt (eine Jahreszahl war wegen der kurzen Frist unnötig); sie erfüllt somit die Bedingungender "lex metallis dicta" vom Beginn des 2. nachchristlichen Jahrhunderts. Sie ist die einzige erhaltene Okkupationsinschrift des gesamten römischen Imperiums - in Verbindung mit dem zugehörigen Bergwerk in unmittelbarer Nachbarschaft ein einzigartiges Denkmal römischen Bergbaus. Die erste Erwähnung der Inschrift stammt aus den 40er Jahren des 18. Jahrhunderts. In den folgenden Jahrzehnten berichten die Forscher Metz,Daubrée und Brambach von der bereits früh als römisch erkannten Inschrift und ihrer möglichen Bedeutung für die Geschichte des Kupferbergbaus dieser Region. 1871 wurde die zwischenzeitlich bei einem Erdrutsch verschüttete Inschrift von Dr.F.X. Kraus aus Straßburg erneut freigelegt.

In den 1960er Jahren wurde unter der Leitung des damaligen Landeskonservators Dr. Reinhard Schindler erstmals eine systematische Ausgrabung durchgeführt, um das zur Inschrift gehörende Bergwerk zu lokalisieren und zu erforschen. Auf seine Anregung hin kaufte der Landkreis Saarlouis das Gelände an, um den Stollen als Denkmal zu erhalten und der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In den folgenden Jahren wurden die Arbeiten durch Bergassessor a.D. Hans-Günter Conrad, Direktor des Deutschen Bergbaumuseums Bochum (DBM) und Bergleute des Museums fortgeführt. Nach Abschluß der Grabungen erfolgte schließlich 1976 die Absicherung des Emilianusstollens und der Ausbau als Besucherbergwerk durch die Saarbergwerke AG.

Die Entdeckung eines weiteren römischen Stollens ("StollenBruss") am Hansenberg ist G. Müller zu verdanken. Er war in den 60er Jahren zusammen mit W. Barth durch den verstürzten Eingangsbereich in die Grube eingedrungen und hatte einen Plan aufgenommen. 1992/93 konnte Dr. N.Engel zusammen mit dem Heimatverein Wallerfangen und dem DBMdas Mundloch freigraben und das stark zusitzende Wasser durch ein Drainagerohr ableiten. Das Mundloch erwies sich als mannshoch und entsprach in allen Details den beiden Stollen des Emilianus-Bergwerks. Ohne bergmännischen Ausbau werden weitere Forschungen in diesem System nicht möglich sein, da es wenige Meter hinter dem Mundloch verbrochen ist. Die Untersuchungen erscheinen aber vielversprechend.

Der obere Emilianusstollen

Die Lokalisierung des "Oberen Emilianus-Stollens" gelangSchindler auf Grund der Beobachtung, daß nur wenige Meter von der Inschrift entfernt aus dem Fels austretendes Wasser in einer sumpfigen Stelle sammelte, um dann in einer tief eingeschnittenen Erosionsrinne abzufließen. Bei der Ausgrabung im Jahr 1964 wurden das Mundloch freigelegt und der Stollen ca. 16m weit ausgeräumt.

Der Streckenquerschnitt ist rechteckig bis trapezförmig mit abgerundeten Ecken und - wie es für römische Bergwerke imperiumsweit typisch ist - etwa mannshoch. Die im Eingangsbereich anstehende Lettenlehmschicht verwittert sehr leicht; aus diesem Grund erscheint der vordere Stollenteil im Grundriß stark geweitet. Im weiteren Verlauf verengt sich die Streckedann bis auf 1,60 m Breite. In die ca. 1,20 m breite Sohle ist eine Rinne zur Wasserlösung (Wasserseige) eingehauen. Firste und Stöße zeigen noch sehr deutlich Spuren der römischen Gezähe (Schlägel und Eisen, gelegentlich Fimmel). Eine interessante Beobachtung in diesem Zusammenhang ist das regelmäßige Auftreten von 2 cm - 8 cm tiefen senkrechten Vorsprüngen im Abstand von etwa 30 cm am westlichen Stoß. An diesen Spuren lassen sich gut einzelne Vortriebsetappen bzw. die Länge des dazu verwendeten Gezähes ablesen.

Die lehmige, z.T. mit Steinbrocken durchsetzte Verfüllung des Stollens enthielt ausschließlich römisches Fundmaterial des 2. und 3. Jh. n.Chr., wodurch der Zusammenhang von Inschrift und Bergwerk bestätigt wird. Eine etwa 5 m lange Seitenstrecke und ein in den Stollen mündender runder Schacht ("Oberer Emilianusschacht") konnten damals ebenfalls freigeräumt werden. In dessen Verfüllung fand sich neben einer Häufung römischer Funde auch ein hölzerner Steigbaum aus dem 16.Jahrhundert. Dieser Umstand und die Tatsache, daß die Sohlen des Schachtes und der Seitenstrecke etwa 0,90 m über der Sohle der Hauptstrecke liegen, kann einerseits so gedeutet werden, daß frühneuzeitliche Blaugräber beim Abteufen eines Schachtes auf den Alten Mann trafen, noch eine kurze Suchstrecke vortrieben und dann aufgaben. Möglich ist aber auch, daß Schacht und Seitenstreckezur römischen Grube gehören und im 16. Jahrhundert noch einmal freigezogen und befahren wurden. Hierfür würde die Häufung von Funden römischer Zeitstellung am Grund des Schachtes sprechen.

Durch den Fund von Wallerfanger Kupfererz in einer Buntmetallwerkstatt im nahegelegenen römischen Vicus von Pachten ist nachgewiesen, daß die Azuritlagerstätten bei St. Barbara in römischer Zeit abgebaut wurden. Das bedeutet, daß hier nicht nur Prospektionsstollen bzw. -schächte vorhanden sind, sondern auch größere untertägige Hohlräume existieren müssen, in denen das Erz abgebaut wurde. Ein solches Abbaufeld müßte es auch im Emilianusstollen geben bzw. gegeben haben, denn anders ist die unverhältnismäßig große Halde unterhalb des Stollens, deren Volumen das des bisher zugänglichen Bereiches bei weitem übersteigt, nur schwerlich zu erklären.

Während der Obere Emilianusstollen auf einer Länge von ca. 16m hauptsächlich mit eingeschwemmtem Material verfüllt und deshalb leicht freizuräumen war, verhinderte eine Verbruchzone zunächst die weitere Freilegung. Dies wurde 1966 unter der Leitung von H.G. Conrad in Angriff genommen. Die Strecke konnte von den Bergleuten noch weitere 9m aufgewältigt werden, die Arbeiten mußten jedoch eingestellt werden, bevor ein Abbaufeld oder das Ende des Stollens zu erreicht war. Die intaktgebliebene Sohle, die sich unter dem Verbruchmaterial weiter in den Berg fortsetzt, deutet allerdings darauf hin, daß der heutige Besucherstollen nur ein kleiner Teil des einstigen Bergwerkes ist. Bei der Freilegung des Stollenvorplatzes wurde 1966 ein zweiter Schacht("Unterer Emilianusschacht") entdeckt, der in ca. 7m Tiefe in den "Unteren Emilianus-Stollen" mündet. Dieser verläuft etwa in gleicher Richtung wie der obere Stollen, hat jedoch ein wesentlich stärkeres Gefälle. Etwa 15m nördlich des Schachtes endet die untere Sohle an einer sehr gut erhaltenen Ortsbrust. Aufgrund des Gefälles ist dieser höhergelegene Bereich nördlich des Schachtes weitgehend frei von den schlammigen und sandigen Sedimenten, mit denen der restliche Stollen bis zu 2/3 der Höhe verfüllt ist. Der größte Teil des Stollens südlich des Schachtes steht unter Wasser, weil das Mundloch verschüttet ist. Da der Wasserpegel niederschlagsabhängig ist, kann der Stollen unter günstigen Umständen etwa 15 m weit in Richtung des vermuteten Mundloches eingesehen werden.

Im Frühjahr und Sommer 1993 wurden die gesamte Anlage und das umgebende Areal neu vermessen. Dabei zeigte sich u.a., daß der untere Stollen mit etwa 10deg. ein wesentlich stärkeres Gefälle aufweist, als dies aus den bisher vorliegenden Plänen zu entnehmen war. Im zugänglichen bzw. einsehbaren Teil des Stollens verläuft er in völlig gerader Richtung,so daß sein weiterer Verlauf anhand der Detailvermessung des Geländes auf eine Karte projiziert werden. Das Mundloch würde demnach im Bereich der westlichen Haldenzunge wenige Meter oberhalb einer Felskante liegen. Während sich an der bezeichneten Stelle allerdings keine topographischen Hinweise auf einen verschütteten Grubeneingang finden, ist das an einer anderen Stelle am Fuß dieser Felswand der Fall.

DieGrabungen von 1993

Bei der Ausgrabung im Sommer 1993 wurden vom Verfasser beide Plätze auf eventuell vorhandene Grubeneingänge hin überprüft.Zusätzlich konnten die Stratigraphie der Halde untersucht sowie ein Teildes unteren Stollens freigelegt werden. Unterhalb der Bergehalde des oberen Stollens befindet sich eine parallel zum Inschriftfelsen verlaufende Felswand. Aus der etwa 3 m hohen Buntsandsteinstufe tritt Wasser aus, das sich in einer sumpfigen Stelle sammelt, bevor es durch eine Erosionsrinne abfließt. Weiterhin ist im Fels deutlich eine rundliche Einbuchtung zu beobachten, die etwa in der projizierten Verlängerung des unteren Stollens liegt. Da analoge Umstände zur Auffindung des oberen Emilianusstollens führten, wurde das Mundloch des unteren Stollens zunächst an dieser Stelle gesucht.

Neben einer Trockenmauer, die in den letzten Jahrzehnten als Fundament für zwei große Wassertanks gedient hatte, wurde unmittelbar vor der Einbuchtung ein Testschnitt angelegt. Eine an dieser Stelle freigelegte Steinsetzung aus großen, behauenen Sandsteinblöcken ist allerdings rezent, wie darunterliegende Stahlbetonplatten und moderner Abfall zeigen. Sie ist vermutlich gleichzeitig mit der Trockenmauer entstanden. Die Einbuchtung in der Felswand endet ohne weitere Fortsetzung in einer leichten Vertiefung. Werkzeugspuren konnten dort trotz intensiver Beobachtung nicht festgestellt werden. Es handelt sich daher mit Sicherheit nicht um die Folge von Bergbauaktivitäten, sondern um eine natürliche Erosionserscheinung. Ebenso ist der Wasseraustritt nicht auf eine unterirdische Kanalisierung durch ein altes Stollensystem zurückzuführen, sondern auf das Vorhandensein einer horizontal in den porösen Sandstein eingelagerten Stauschicht aus Lettenlehm. Zwei weitere Suchschnitte wurden im westlichen Teil der großen Bergehalde des oberen Emilianusstollens angelegt. Im tieferen der beiden Schnitte an der südöstlichen Haldenflanke konnte das Haldenmaterial bis zum anstehenden konglomeratischen Buntsandstein in mehr als 4m Tiefe abgetragen werden. Die steil abfallende Felsoberfläche zeigt in diesem Bereich eine Einbuchtung bzw. Unterhöhlung. Hier sind grünlicher und rötlicher Lettenlehm direkt an den Fels angelagert. Ein Wasseraustritt zwischen Lehm und Fels könnte als Indiz für die unmittelbare Nähe des Stollenmundloches gewertet werden, es muß jedoch aufgrund fehlender weiterer Hinweise - etwa Werkzeugspuren - von einer natürlichen Erscheinung ausgegangen werden (evtl. Abbruchkante eines herabgestürzten Felsblocks).

Die Stratigraphie der Haldenschichten stellt sich erwartungsgemäß als Abfolge von Aufschüttungen dar und zeigt zwei deutlich zu unterscheidende Bereiche. Während die Schichten in den oberen 2m hauptsächlich aus grobstückigem Voltziensandstein bestehen, der teilweise noch Azuritminerale enthält, fehlt dieser in den tieferliegenden, lehmig/sandigen Schichten fast völlig. Diese beiden Bereiche sind durch große Sandsteinblöcke an der Oberkante der obersten Lehmschicht klar getrennt.

Insgesamt erbrachte die Ausgrabung in der Halde nur sehr wenig Fundmaterial. Im humosen Oberboden fanden sich römische, mittelalterliche und neuzeitliche Keramikscherben. In einer darunterliegenden ungestörten Haldenschicht konnte eine römische Wandscherbe geborgen werden; die tiefer liegenden Schichten sind völlig fundleer.

Die Halde wäre somit in die römische Zeit zu datieren. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß die römische Keramikscherbe bei den erneuten Abbauversuchen der Gesellschaft Pauls Hoffnung zusammen mit Material aus der Verfüllung des Emilianusstollens auf die Halde geriet. Man muß aber davon ausgehen, daß lediglich die obersten Haldenschichten die Folge des erneuten Abbauversuches sind, während die unteren Schichte mit einiger Sicherheit in römischer Zeit aufgeschüttet wurden.

Daraus und aus dem Umstand, daß die Haldenschichten insgesamt ungestört sind, folgt, daß das Mundloch des unteren Stollens nicht an dieser Stelle liegen kann. Läge hier ein von der römischen Halde überdeckter Grubeneingang, so müßte diese Grube älter sein als die Halde und der obere Stollen. Hierfür liegen jedoch keinerlei Hinweise vor.

Die topographische Situation deutet vielmehr auf eine Lage des Mundloches im Bereich der Erosionsrinne hin. Dies könnte man überprüfen, indem man das Wasser im unteren Stollen mit Färbemittel versetzt und über einen längeren Zeitraum hinweg an verschiedenen Wasseraustritten am Hang Proben nimmt. Da das Grubenwasser langsam aber stetig abfließt,müßte die Farbsubstanz in den Proben nachweisbar und das Mundlochauf diese Weise zu lokalisieren sein. Ungleich aufwendiger, aber mit Sicherheit erfolgreich, wird die vollständige Freilegung des unteren Stollens von innen sein. Bereits 1992 unternahm Dr. N. Engel aus Wallerfangen einen Versuch zur Sümpfung des dazugehörigen Schachtes, dem bisher einzigen Zugang zum unteren Stollen. Er räumte den Schacht dabei bis 0,70m unter der Stollensohle aus, mußte die Arbeiten aber wegen heftiger Niederschläge einstellen. 1993 konnte der Schacht schließlich völlig freigezogen werden. Er reicht etwa 1,20 m unter die Stollensohle, hat also eine Gesamttiefe von ca. 8m. Die Stöße des Rundschachtes (Durchmesser ca. 1m) sind fast vollständig mit Spuren von Schlägel und Eisen bedeckt. Rinnenartige Vertiefungen in unregelmäßigen Abständen erscheinen auf den ersten Blick künstlich angelegt, sind jedoch die Folge der Auswaschung kleinerer Lehmlinsen.

Der Abschnitt des unteren Stollens, in welchen der Schacht mündet, wurde in südlicher Richtung auf einer Länge von 3,40 m freigelegt. Der Streckenquerschnitt ist etwa rechteckig bzw. trapezoid mit abgerundeten Ecken(Abb. 5). Die Firsthöhe beträgt ca. 1,70m; die Breite der Sohle schwankt zwischen 1,10 m und 1,20 m, während die Firste in diesem Bereich durchgängig 0,90m breit ist. Wie im oberen Stollen konnten auch hier kleine senkrechte Vorsprünge in den Stößen beobachtet werden, welche die einzelnen Vortriebsetappen anzeigen. Die Gezähespuren sind vor allem in den Stößen gut erhalten und zeigen, daß der untere Emilianusstollen von Süd nach Nord, also von außen her in den Berg vorgetrieben wurde. Der Ausgangspunkt der Vortriebsarbeiten war demnach nicht der Schacht, es muß deshalb ein Mundloch vorhanden sein.

In der Verfüllung des Stollens lassen sich gut zwei verschiedene Bereiche unterscheiden: Die unteren 0,90m nimmt eine Schicht aus rötlich-ockerfarbenem, lehmig-sandigem Material mit zahlreichen Sandsteinbrocken (Durchmesser bis zu 0,60m) ein. Eine durch abfließende Grubenwässer in diese Schicht eingeschnittene, bis zu 0,30 m tiefe Erosionsrinne ist mit hellgrauem, sandigem Lehm und kleinen Kieseln bzw. südlich des Schachtes mit schwarzbraunem, humosem Lehm verfüllt. Darüber liegt eine Schicht grauen Lehms mit Kieseln. Die Mächtigkeit der untersten Schicht und die darin enthaltenen großen Sandsteinbrocken lassen vermuten, daß dieses Material intentionell als Versatz eingebracht wurde. Wann dies geschah, ist allerdings noch unklar, da diese Schicht bislang fundleer war. Hingegen können die lehmigen oberen Schichten, die ausschließlich rezentes Fundmaterial enthalten, als Sediment angesprochen werden, das nach der ersten Freilegung des Schachtes seit den 60er Jahren eingeschwemmt wurde. Obwohl also der untere Stollen nicht durch Funde direkt datierbar ist, ergeben sich durch die Vermessung Anhaltspunkte zur funktionalen Einheit und damit zur Gleichzeitigkeit von unterem und oberem Stollen. Der untere Stollen schließt an keiner Stelle die Vererzung auf. Er wurde aus diesem Grund in der Vergangenheit als aufgegebener Prospektionsstollen interpretiert. Sein starkes Gefälle spricht jedoch eher für eine Funktion als Wasserlösungsstollen, in dem die Vortriebsarbeiten eingestellt worden waren, bevor der Durchschlag zum oberen Stollen erfolgte. Die Ursache hierfür ist unbekannt; es wäre denkbar, daß mit der Anlage des unteren Stollens begonnen wurde, als im oberen die Vererzung erreicht war, und der Abbau begann. Möglicherweise war vor der geplanten Verbindung von Wasserlösungsstollen und Abbau die Vererzung bereits so weit ausgebeutet, daß sich ein Durchschlag nicht mehr lohnte. Eine weitere Möglichkeit ist eine Unterbrechung des Grubenbetriebes aus unbekannten Gründen für mehr als sechs Monate, was den Verfall der Konzession zur Folge gehabt hätte.

Zusammenfassung

Durch die montanarchäologischen Ausgrabungen im Sommer 1993 konnte der bisherige Kenntnisstand über das hochrangige Industriedenkmal Emilianusstollen um wichtige Informationen ergänzt werden: Erstmals wurde die dem Stollen vorgelagerte Bergehalde archäologisch untersucht und ihre Zugehörigkeit zum römischen Bergwerk nachgewiesen. Durch die Sümpfung des Schachtes wurde Spekulationen über eine eventuell vorhandene dritte Sohle die Grundlage entzogen. Die Freilegung eines Streckenabschnittes in der zweiten Sohle erbrachte neben Informationen über Querschnitt und Vortriebstechnik auch wichtige Erfahrungen bezüglich der archäologischen Grabungstechnik unter Tage. Auch wenn das Mundloch des unteren Stollens in dieser Kampagne nicht gefunden wurde, ergaben sich dennoch durch das Ausschlußverfahren Ansatzpunkte für künftige Untersuchungen.

Es konnte gezeigt werden, daß der heute als Besucherstollen zugängliche Bereich nur ein kleiner Teil des ehemaligen Kupferbergwerkes ist und daher einen unzureichenden Eindruck vom Umfang römischer Bergbautätigkeit vermittelt, der der Bedeutung dieses einzigartigen Industriedenkmals nicht angemessen ist. Wünschenswert ist daher die vollständige Freilegung des unteren Stollens und seine Einbeziehung in das Besucherbergwerk.

Andreas Brunn

Literatur

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Schindler, Reinhard, Studien zum vorgeschichtlichen Siedlungs- und Befestigungswesen des Saarlandes, Trier 1968.
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Weisgerber, Gerd, Vier Jahrzehnte Montanarchäologie am Deutschen Bergbau-Museum, in: Der Anschnitt 39, 1987, 192-208.
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